Wenn ich mich selbst kurz beschreiben müsste, dann wäre es wie in dem Song von Queen „I want it all and I want it now“. Das kann sehr unterschiedlich auf Menschen wirken. Ein Chef sagte zu mir: „Katharina, du bist wie meine kleine Tochter. Sie will alles selbst machen“, und ein anderer sagte: „Katharina, du hast so viel Power! Menschen haben Angst vor dir.“

Ja, ich habe Power. Ja, ich liebe es Neues zu lernen und es mit Bekanntem zu verknüpfen. Ich bin eine kreative Scanner-Persönlichkeit – eine Superkreative. Mit „Superkreative“ meine ich keine Hochkreative, sondern eher einen kreativen Allrounder, der Spaß an Abwechslung hat und die unterschiedlichsten Aufgaben wie Kundengespräche, Präsentationen und Technik gut meistert.

Was macht ein Chef mit so einem Mitarbeiter?

Wenn Superkreative sich langweilen oder angegriffen fühlen, werden sie kündigen oder zur Konkurrenz gehen. Du verlierst einen wertvollen Allrounder.

In diesem Beitrag lernst du:

  • einen Superkreativen zu erkennen
  • ihn ins Team zu integrieren
  • für ihn die richtige Position zu finden

Tanja Gromotka-Nepute ist Coachin für Hochbegabte und extrovertierte Hochsensible und verrät uns, warum Superkreative für ein Unternehmen wertvoll sind und wie ein Chef sie gewinnbringend führt.

Superkreative sind kreative Scanner-Persönlichkeiten

Superkreative haben mehrere abwechslungsreiche Hobbys, künstlerische, technische und handwerkliche. Sie sind Kreative durch und durch und langweilen sich bei Routine. Das ist keine Seltenheit und so hat jedes größere Team wahrscheinlich einen Superkreativen.

Tanja, kannst du bitte kurz beschreiben, woran man kreative Scanner-Persönlichkeiten erkennt.

Du hast es ja schon gut beschrieben weiter oben. Ich möchte nur eins noch ergänzen. Ich selbst zähle mich auch zu den Scanner-Persönlichkeiten. Und mir wurde früher oft vorgeworfen, dass ich ‚Dinge‘ ja nie zu Ende bringe (oder nur selten). Darunter hat mein Selbstbild und mein Selbstwert erheblich gelitten. Heute weiß ich, dass ich meine ‚Projekte‘ durchaus zu Ende bringe! Lediglich definiere ich den Zeitpunkt, wann ein Projekt für mich abgeschlossen ist, anders! Die Scanner unter den Lesern werden mir sicherlich zustimmen können, dass ein Projekt für uns dann beendet ist, wenn das Wesentliche verstanden und begriffen wurde. Alles darüber hinaus wäre Zeitverschwendung.

Wie lässt sich das an einem neuen Mitarbeiter feststellen? Erkennt man einen Scanner schon im Vorstellungsgespräch oder am Lebenslauf?

Na ja, ‚feststellen‘ im Sinne einer Diagnose eher nicht. Aber ein aufmerksamer Personaler wird sich schon so seine Gedanken machen, wenn jemand eine ‚krumme‘ Berufsbiografie, Ausbildungen in unterschiedlichen Bereichen hat, diese z. T. auch nicht beendet hat, die Anstellungen alle 2 Jahre wechselt und es keinen klar erkennbaren ‚roten Faden‘ gibt im Lebenslauf. Außerdem vielleicht, dass es keinen roten Faden gibt. Im Allgemeinen werden solche Lebensläufe leider schon im Vorfeld aussortiert, so einen ‚Hans-Dampf-in-allen-Gassen‘, der nicht weiß, was er will, mag sich kaum ein Chef so recht im Team vorstellen.

Sie denken schneller und fühlen tiefer

Was sind Stärken und Schwächen von Superkreativen und wie äußern die sich?

Betonen möchte ich gerne, dass die gleichen Schwächen und Stärken zu finden sind wie bei allen Menschen. Manchmal halt in etwas stärkerer Ausprägung. Nicht jede Charaktereigenschaft lässt sich auf den Scanner-Anteil zurückführen.

Tanja, ich zähle mich zu den sehr sensiblen Menschen. Darin sehe ich sowohl einen Fluch als auch einen Segen. Ist das mit meiner Superkreativität verbunden?

Schnelles Denken und das kognitive Erfassen von Zusammenhängen gehören zur Facette der Hochbegabung. Die Hochsensibilität dagegen verlangt nach mehr Zeit beim ‚durchdenken‘ und ‚durchfühlen‘. Alles muss sehr genau betrachtet werden und mit dem gesamten Erfahrungsschatz abgeglichen werden.

Und ich glaube, dass Superkreative, wie du sie beschreibst, IMMER beide Begabungen in sich vereinen. Es werden hierbei unterschiedliche Hirnbereiche angesprochen. Die linke und die rechte Hirnhälfte werden gleichermaßen und gleichzeitig auf Hochtouren in Anspruch genommen. Und genau das passiert bei kreativen Vorgängen – beide Hirnhälften arbeiten!

Jeder (geistig gesunde) Mensch ist zur Kreativität in der Lage, sonst wären wir in der Evolution nicht so weit gekommen 😉.

Bei kreativen Scannern arbeitet lediglich ALLES in unserem Nervensystem auf einem anderen (Energie)-Level.

Superkreative brauchen aufgeschlossene Kollegen

Wie werden diese Menschen vom Team wahrgenommen?

Diese Menschen sprühen vor Energie, wissen manchmal einfach nicht, wohin damit und können dadurch für ihr Umfeld / Team durchaus anstrengend sein. Überschüssige Energie, nicht abgefragte Kompetenzen und zu starre Aufgaben bzw. Zuschreibungen können diesen Menschen echt zu schaffen machen. Entweder sie tauchen ab und lassen in ihrer Leistung immer mehr nach, oder sie werden zu unbequemen Querulanten, die immer nur meckern und sich aufspielen in der Wahrnehmung der andern Teammitglieder.

Wenn so starke Persönlichkeiten Teil eines Teams sind, dann ist es besonders wichtig, dass Teamleiter und Vorgesetzte auf eine positive Kommunikation und Fehlerkultur achten. Jeder Einzelne im Team sollte erkennen, wissen und wertschätzen, was die Stärken jedes Einzelnen sind, unabhängig vom eigenen Aufgabengebiet. Das Stichwort ist hier ‚Diversität‘ – mal aus einer wirklich ganzheitlichen Perspektive betrachtet.

Wenn sich jeder im Team über seine eigenen wie auch über die Stärken der anderen bewusst ist, so kann man alle Kompetenzen im Team zu jeder Zeit von jedem abrufen und abfragen. Dann ist die Gefahr geringer, dass sich die Stilleren ungesehen fühlen, und die Starken dürfen ihre Energie nutzen, im Sinne des Teams.

Superkreative sehen und erkennen sehr schnell mögliche Hindernisse, Schwierigkeiten in Aufgabenfeldern, die eigentlich nicht zu ihrem Bereich gehören. Einfach so im Vorbeigehen… Ihnen fällt das Denken ‚out-of-the-box‘ sehr leicht. Das kann schnell zu Unstimmigkeiten im Team führen.

Eine gute Kommunikations- und Fehlerkultur im Team kann helfen. Aber auch Offenheit gegenüber den Kompetenzen der anderen.

Kreative Scanner meistern die unterschiedlichsten Aufgaben

Ich habe als Kind immer davon geträumt Produktmanagerin zu werden. Damals wusste ich nicht, wie das heißt. Und als mein Chef mir vorgeschlagen hat eine solche Stelle für mich zu schaffen, war ich überglücklich. Der Job hat mir richtig Spaß gemacht, weil er so abwechslungsreich war und ich meine technische und künstlerische Kreativität gleichzeitig ausleben konnte.

Ich habe mehrere Freunde, die ich zu den Superkreativen zähle. Sie sind auch Produktmanager. Das ist kein Zufall, oder?

Was, denkst du, sind gute Positionen für kreative Scanner?

Ich denke, da sie oft auch Generalisten sind, sind sie in projektbezogenen Positionen am besten aufgehoben. Sobald vorhandenes Wissen, Strukturen und Prozesse in Neues integriert werden darf, laufen sie zur Höchstform auf.

Routine ist der Leistungs- und Motivationskiller Nr. 1 für Superkreative.

Es darf bloß keine Routine eintreten. Sachbearbeitung, bei der der Arbeitsstapel morgens links vom Rechner und abends rechts vom Rechner zu liegen hat, lässt den Superkreativen verkümmern und krank werden im Extrem. Ich habe es selbst erlebt.

Ja, ich auch. Ich kann sehr gut nachvollziehen, was du beschreibst.

Kreative Allrounder wollen das Unternehmen mitgestalten

Ich wollte immer zum Erfolg des Unternehmens maßgebend beitragen, aber nie eine Führungsposition besetzen. Ich selbst konnte mir das nicht erklären und hatte immer das Gefühl, dass meine Firma keine passende Stelle für mich hat. Ist das typisch?

Ja, das ist gar nicht so selten. Auch dies ist so ein Mythos, der sich hartnäckig hält in Bezug auf hochbegabte Menschen. Ich glaube aber auch, dass hier neben der Hochbegabung weitere Persönlichkeitsmerkmale eine genauso wichtige Rolle spielen.

Sie wollen nicht den Job ihres Chefs

Wie wirken Superkreative auf ihren Vorgesetzten?

In vielen Fällen leider einschüchternd, denn Superkreative denken immer mit, können Zusammenhänge erkennen, haben das Ganze im Blick. Sie finden Fehler im System, haben keine Angst diese zu benennen, haben keine Angst davor, für ihre Argumente einzustehen, lassen sich häufig nicht einschüchtern – schon gar nicht von Drohgebärden, die sich lediglich auf die Machtposition stützen. Dann lassen Superkreative ihrem Vorgesetzten durchaus auch schon mal spüren, dass sie dies durschaut haben, dass sie sich nicht einschüchtern lassen und dass sie die stärkeren Argumente haben. Sie lassen den Chef dann gern spüren: Ich bin besser als du.

Das krasse Gegenteil sind die Superkreativen, die unter ihrem So-Sein leiden, nur schlechte Erfahrungen gemacht haben und so nie ihre wahren Stärken ausspielen konnten. Diese Mitarbeiter sind für Chefs oft nicht richtig einschätzbar, denn sie geben ein widersprüchliches Bild ab. Vor allen Dingen in ihren Leistungen.

Ich persönlich folge einem Chef treu, wenn er mich von seiner fachlichen und menschlichen Kompetenz überzeugt, aber zwingen lasse ich mich nicht. Sind Superkreative schwer zu führen?

Sie sind dann schwer zu führen, wenn Chefs sich durch diese starken Persönlichkeiten in ihrer Autorität angegriffen fühlen. Sobald ein Chef seine Führungsrolle modern definiert – ‚Ich muss nicht alles besser können als meine Mitarbeiter. Ich muss sie lediglich in ihren Kompetenzen richtig einsetzen‘, dann kann ein Superkreativer seinen Chef als Autorität anerkennen und dann lässt er sich auch führen. Sobald es unterschwellig um das Thema ‚wer ist besser und intelligenter‘ geht, dann wird es extrem schwierig.

Ein Superkreativer lässt sich nur führen, wenn sein Gegenüber seine Autorität (im Sinne von ‚ich weiß nicht alles, aber dafür habe ich euch‘) beweist.

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Führungskräfte müssen ihre eigenen Werte kennen

Tanja, hast du noch ein paar Führungstipps für Führungskräfte?

Erkenne deine eigenen Schwächen und stehe dazu, dass du auch nur Mensch bist. Menschenführung bedeutet Kommunikation, bedeutet Beziehung. Zahlen, Daten, Fakten, Aufgaben, Ziele, Boni usw. spielen hier nur eine untergeordnete Rolle. Wenn Ersteres nicht passt, dann kann das Zweite nicht nachhaltig funktionieren.

Ganz ehrlich? Am aller wichtigsten ist es, seine eigenen Themen und Trigger bezüglich Kompetenz, Macht, Erfolg, Leistung, Anerkennung zu kennen. Denn Superkreative finden diese Trigger sehr schnell und spielen diese auch aus, meistens unbewusst.

Darum empfehle ich jedem Chef, Vorgesetzten oder Teamleiter sich selbst mit seiner Rolle, mit seinen Glaubenssätzen etc. auseinanderzusetzen.

Wenn ein Team nicht funktioniert, dann macht es Sinn zu aller erst auf seine Rolle als Chef zu schauen. Und dann auf die Fähigkeiten, Kompetenzen und Stärken der Teammitglieder, und dann auf die rahmengebenden Systeme.

Nur die wenigsten Menschen werden als Führungskräfte geboren, die meisten Menschen, die in eine solche Position kommen, dürfen erst noch lernen, was es braucht, um Menschen zu führen und ein Team zu einem funktionierenden System zu machen, in dem jedes Mitglied sich gesehen und verstanden fühlt. Und dies bekommt man leider weder in der Schule, noch im Studium oder in der Ausbildung beigebracht.

Ein guter Chef zu sein bedeutet für mich deshalb vor allen Dingen die Bereitschaft, sich selbst stetig als Mensch weiter zu entwickeln. Und am besten und effektivsten gelingt dies durch Coaching und Supervision.

Und zum Schluss möchte ich gerne noch sagen, dass Superkreative, Hochbegabte, Hochsensible, Scanner, oder wie auch immer du diese ‚Schublade‘ nennen magst, auch nur Menschen sind. Mit all den Stärken und Schwächen wie alle anderen auch. Nur extremer und intensiver. Nicht mehr. Nicht weniger.

Vielen Dank, liebe Tanja, für dieses für uns beide sehr persönliche Interview.


So führst du Superkreative

  • Werde dir klar darüber, dass sie deinen Chefposten nicht bedrohen
  • Pflege eine gute Kommunikations- und Fehlerkultur im Team
  • Betone im Team, dass Offenheit gegenüber den Kompetenzen anderer wichtig ist
  • Gib Superkreativen eine Position mit abwechslungsreichen Tätigkeiten wie Projekt- oder Produktmanagement
  • Reduziere Routineaufgaben
  • Zeige ihnen die Firma als Großes Ganzes und lass sie hinter die Kulissen blicken
  • Schenke Gehör, wenn Superkreative Hindernisse und Probleme aufdecken
  • Achte auf deine Worte und Taten. Superkreative sind sehr sensibel.

Ich wünsche dir viel Erfolg mit diesen Tipps.

Auf deine Happy Business Moves!

Kat


Tanja Gromotka-Nepute ist seit 2008 als Counselor und pädagogisch-therapeutische Beraterin für Hochbegabte und Hochsensible in ihrer Praxis „Blickwinkel-Counseling“ tätig.

Es ist ihre Berufung Menschen in ihren Veränderungs- und Entwicklungsprozessen zu begleiten.


Hier kannst du dir weitere Tipps aus meinem Blog holen:

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