Es gibt Menschen, die haben einfach das Kreativitätsgen, nicht wahr?

NEIN!

Schon in den 70-er Jahren zeigte das Team von George Domino mit Kreativitätstests an Zwillingen, dass Kreativität keine genetische Komponente besitzt.

Wenn’s doch so einfach wäre ….

Neben Umwelteinflüssen, Kultur und Gewohnheiten spielen unsere Gehirnstruktur und unsere Lernfähigkeit beim Kreieren eine wichtige Rolle. Welche Rolle genau, erzählt uns der Neurobiologe Dr. Markus Ramming.

Unser Gehirn ist ein riesiges Netzwerk

Für die Lernfähigkeit des Gehirns ist seine Neuroplastizität verantwortlich.

Herr Ramming, erzählen Sie bitte in ein paar Sätzen, was der Begriff Neuroplastizität bedeutet.

Unser Gehirn besteht aus Milliarden von Nervenzellen. Diese sind miteinander über Synapsen verbunden. Jede Nervenzellen hat bis zu 10000 Kontaktstellen mit anderen Nervenzellen und bildet so ein dichtes Netzwerk, in dem Informationen gespeichert werden.

Neuroplastizität bedeutet, dass dieses Netzwerk in ständiger Bewegung ist und sich weiterentwickeln kann. Es werden Synapsen auf- und abgebaut, gefestigt und sogar Nervenzellen (in manchen Hirnbereichen) neu gebildet. Je mehr wir lernen und je mehr Informationen wir speichern, desto mehr Netzwerke bilden sich und desto komplexer werden die Netzwerke. Zusammengehörende Informationen werden dabei auch vernetzt abgespeichert.

Neuroplastizität ermöglicht Neurokreativität

Wie spiegelt sich die Neuroplastizität in unserer Kreativität wider?

Im Gehirn müssen Informationen, die nicht zusammengehören, kombiniert werden, um Neues zu entwickeln. Das würde ich als den kreativen Prozess des Gehirns ansehen. Dazu müssen verschiedenste Netzwerke aktiviert werden und eine Verbindung zwischen ihnen hergestellt werden. Neuroplastizität spielt hier eine wichtige Rolle.

Gleichzeitig spielt auch der Zustand des Gehirns eine wichtige Rolle. Der Zustand des Gehirns kann durch verschiedene Gehirnwellen dargestellt werden. Dabei ist der Zustand der Alpha-Wellen der Kreativzustand des Gehirns. Das Unterbewusstsein ist dann aktiv und versucht Lösungen für aktuelle Probleme oder Situationen zu finden. Die möglichen Ideen kommen dann als Heureka-Erlebnisse in unser Bewusstsein.

Wir werden mit dem Alter unkreativer

George Land entwickelte einen Kreativitätstest, mit dem die innovativsten Ingenieure und Wissenschaftler für die NASA ausgewählt wurden. Da die Bewertung sehr erfolgreich war, beschloss er sie 1968 an Kindern auszuprobieren.

Die Forschungsstudie testete die Kreativität von 1.600 Kindern im Alter von 3 bis 5 Jahren. Später testete er dieselben Kinder im Alter von 10 Jahren und erneut im Alter von 15 Jahren. Die Testergebnisse sind schockierend:

Die Ergebnisse zeigen, dass die Kreativität mit dem Altem drastisch abnimmt. Lands Schlussfolgerung ist:

Nichtkreatives Verhalten wird gelernt.

Als Kind ist jeder ein Künstler. Die Schwierigkeit liegt darin, als Erwachsener einer zu bleiben.

— Pablo Picasso

Unsere Kreativität wird durch Regeln und Vorschriften schon in der Schule begraben. Dann kommt auch noch der steigende Leistungsdruck im Job hinzu, Ängste, Zweifel, … Und warum? Weil Fehler nicht mehr vergeben werden. Dadurch fangen wir an zu zweifeln und Zweifel zerstört mehr Ideen als alle Fehler.

Herr Ramming, lässt unsere Kreativität vielleicht nach, weil unser Gehirn altert und nicht weil wir Ängste und Zweifel entwickeln?

Unser Gehirn hat ein riesen Potential, um kreativ zu sein. Aber wir müssen es nutzen und entwickeln. Eine Sprache erlernen wir auch nicht an einem Tag – und kreativ sind wir auch nicht dadurch, dass wir mal ein Bild malen. Wir müssen unser Potential schon jeden Tag nutzen und gebrauchen, damit es sich entwickelt.

Wenn wir jedoch jeden Tag bewertet werden und wir ein negatives Feedback über unsere kreativen Versuche bekommen, dann hören wir damit auf. Wir machen etwas womit wir mehr Erfolg haben, weil wir die Schmerzen der Bewertung nicht tragen können.

In der Erziehung, in der Schule und im Arbeitsleben beginnt sich das langsam zu wandeln und wilde Ideen und Projekte werden zusehends positiv gesehen und gefördert. Aber wir könnten da noch viel mehr tun.

Wir können lernen unkreativ zu sein

Herr Ramming, was ist Ihre Deutung der Testergebnisse von Land? Ist es tatsächlich so, dass unser Gehirn lernen kann unkreativ zu sein?

Gerald Hüther sagt, das Gehirn wird zu dem, für das man es nutzt. Es ist dabei für das Gehirn vollkommen egal, ob es ethisch korrekt oder sinnvoll ist. Wenn man sich 10 Stunden vor dem Fernseher lümmelt, bekommt man ein tolles Gehirn zum Fernsehen. Wenn sie jeden Tag kreative Ideen umsetzen, bekommen sie ein kreatives Macher-Gehirn. Umgekehrt gilt das natürlich auch – wenn sie es nicht nutzen, entwickelt sich auch nichts. Tragisch ist es da von sich selbst zu denken „Ich bin nicht kreativ“ und es nicht zu versuchen. Das wird dann eine self-fulfilling prophecy.

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Gehirn kann auf Kreativität programmiert werden

Können wir unser Gehirn auf Kreativität programmieren, Herr Ramming?

Ja, und da würde ich sagen „einfach machen“. Machen Sie etwas, was ihnen Spaß macht und springen sie täglich über ihre Grenzen. Raus aus der Komfort-Zone, rein ins Tun. Nehmen Sie dabei negative Kommentare als Ansporn, um besser zu werden und freuen Sie sich über die Resultate.

Welche Tipps können Sie geben, um kreatives Denken zu trainieren?

Bedenken Sie immer das Kreativität ein Prozess ist. Dazu müssen Sie möglichst viele unterschiedliche Netzwerke im Gehirn aktivieren. Das kann man durch Nachdenken, Informationen Sammeln und Lesen. Man kann durch eine konkrete Frage Diskussionen mit anderen in Gang setzen. Dann arbeitet auch das Unterbewusstsein daran. Gönnen Sie sich also Relax-Zeiten, in denen die Alpha-Wellen ihre Arbeit leisten können und achten Sie mal bewusst auf die vielen Ideen, die kommen. Die muss man dann schnell aufschreiben – sonst sind sie weg.

So programmierst du dein Gehirn auf neue Ideen

  • Verlasse deine Komfortzone jeden Tag ein bisschen
  • Nimm negative Kommentare als Ansporn
  • Freue dich über jedes kleine Resultat
  • Denke nach, sammle Informationen, lies zu deinem Kreativitätsthema
  • Diskutiere mit anderen
  • Gönne dir Relax-Zeiten

TIPP: Schreibe deine Ideen in ein Kreativitätsbuch oder nimm sie mit deinem Smartphone auf, sonst sind sie weg.

Ich habe bereits in meinem Beitrag „In 5 Schritten innovative Ideen aus Tagträumen gewinnen“ betont, wie wichtig das Aufschreiben ist (zum Beitrag) und freue mich über die Unterstützung von Dr. Ramming.

Ich wünsche dir viel Erfolg mit diesen Tipps.

Auf deine Happy Business Moves!

Kat


Dr. Markus Ramming ist seit über 10 Jahren begeisterter Trainer, Redner und Berater für Führungskräfteentwicklung und Kulturveränderung. Aus ganzem Herzen arbeitet er dafür, zufriedene und glückliche Menschen in gesunden Firmen zu erleben. Sein Weg dazu ist die Verbindung von Gehirn und Management, oder auch Neuroleadership. Denn die vielen revolutionären Erkenntnisse, die in den letzten Jahren in den Neurowissenschaften gemacht wurden, verbessern die Führung nachhaltig.

Zu Neuroleadership-concept.


Hier kannst du dir weitere Tipps aus meinem Blog holen:

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